Warum der DAX ein mieser Aktienindex ist

Sobald es in den Medien auch nur ansatzweise um das Thema Aktien oder die Börse geht, dann ist der Deutsche Aktien Index (DAX) nicht weit. Ausgiebig wird dessen Entwicklung betrachtet und mit fast schon erotischem Vergnügen erörtert, welche neuen Höchst- beziehungsweise Tiefststände er mal wieder erreicht hat. Natürlich ohne auszulassen, was das für dich als Anleger zu bedeuteten hat und warum du in Jubel oder Panik ausbrechen solltest.

Diese Fixierung ausgerechnet auf den DAX als Börsenbarometer ist mir ein Rätsel, denn eigentlich ist das Teil kein besonders toller Repräsentant für die deutsche Wirtschaft. Das hat verschiedene Gründe, auf die ich hier näher eingehen möchte. Doch eins nach dem anderen.

Das Problem mit der DAX-Zusammensetzung

Per definitionem enthält der DAX die 30 größten und umsatzstärksten Unternehmen, die in Frankfurt an der Börse gelistet sind. Per Stand Februar 2016 sind das folgende Unternehmen:

Unternehmen Sektor Anteil am DAX
Bayer Chemie und Pharma 9,41%
Daimler Automobilproduktion 8,82%
Allianz Versicherungen 8,48%
Siemens Elektrotechnik 7,96%
SAP Standardsoftware 7,79%
BASF Chemie 7,43%
Deutsche Telekom Telekommunikation 6,02%
BMW Automobilproduktion 3,58%
Deutsche Bank Banken 3,46%
Munich Re Versicherungen 3,15%
Fresenius Medizintechnik 3,05%
Deutsche Post Logistik 2,84%
Continental Automobilzulieferer 2,75%
Linde Industriegase und Anlagenbau 2,64%
Volkswagen Automobilproduktion 2,36%
Adidas Bekleidung 2,15%
Henkel Konsumgüter 2,05%
E.ON Versorger 1,89%
Fresenius Medical Care Medizintechnik 1,87%
Infineon Technologies Halbleiter 1,75%
Deutsche Börse Börsen 1,69%
Vonovia Immobilien 1,51%
Merck Chemie und Pharma 1,31%
HeidelbergCement Baustoffe 1,16%
Commerzbank Banken 1,15%
Beiersdorf Konsumgüter 0,94%
ThyssenKrupp Stahl 0,88%
Deutsche Lufthansa Luftfahrt 0,75%
RWE Versorger 0,62%
K+S Chemie 0,51%

Ich werde diese Liste im Laufe der Jahre bewusst nicht aktualisieren, da es sicher interessant ist zu sehen, wie sich im Laufe der Zeit die Gewichtung, aber auch die enthaltenen Werte verändern werden.

Kleines Beispiel: Kannst du dich noch erinnern, welches Unternehmen 1990 den DAX verlassen hat? Das war die Feldmühle Nobel. Schon mal gehört? Die wenigsten haben das vermutlich. Es gibt einige solcher unterhaltsamen Auf- und Absteiger. Auf der DAX 30 Liste von finanzen.net findest du sie alle versammelt (dazu musst du etwas nach unten scrollen).

Der DAX ist zu klein

So, nun Spaß beiseite. Was gibt es an dieser Zusammensetzung denn jetzt eigentlich zu mäkeln? Zum einen, ist die Zahl enthaltener Unternehmen zu klein. Viel zu klein!

30 Unternehmen sind wohl kaum eine würdige Stellvertretung für eine der Top 5 Wirtschaftsmächte der Welt. Deutschland hat noch viel mehr Unternehmen zu bieten, die global mitmischen. Diese Zahl 30 ist meiner Meinung nach sehr willkürlich und stellt einen viel zu kleinen Ausschnitt aus dem Panorama der Unternehmenslandschaft dar.

Ein Ansatz wäre es natürlich, wenn man den MDAX noch mit hinzunehmen würde. Hier sind immerhin 50 mittelgroße Werte vertreten, was zwar auch nicht berauschend ist, aber zumindest ein Anfang. Wenn man den Faden weiterspinnt, dann könnte man auch noch den SDAX mit seinen ebenfalls 50 kleinen Werten hinzufügen.

Damit hätte man immerhin schon 130 Unternehmen in Summe. Wenn man diese nun marktkapitalisierungsgewichtet in einen neuen Index fließen ließe, dann wäre das schon eine genauere Darstellung dessen, was wirtschaftlich in Deutschland tatsächlich passiert.

Interessanterweise gibt es so etwas in der Art bereits: den CDAX (C steht für Composite). In diesem sind knapp 500 Wert vertreten und zwar alle, an der Frankfurter Wertpapierbörse notierten, deutschen Unternehmen. Das heißt, Unternehmen wie Airbus oder Air Berlin sind hier nicht mehr dabei. Kleine Ergänzung aus dem Jahre 2018: Air Berlin ist nun bekanntlich an keiner Börse oder irgenwo sonst dabei.

Verblüffenderweise hat von diesem Index noch kaum jemand etwas gehört und auch hinsichtlich ETF sieht es hier nicht gut aus. Momentan gibt es für den CDAX keinen mir bekannten ETF.

6 Unternehmen machen 50% des DAX aus

Betrachte einmal folgende Grafik:

 

Bayer ist mit über 9% das Schwergewicht im DAX, wenn sich die Aktie um ein paar Prozentpunkte nach oben bewegt, dann hat das einen merklichen Einfluss auf den DAX, wohingegen praktische jede Bewegung von K+S im Nirvana verpufft. Zum Vergleich, Apple (das deutlich größer ist als Bayer) hat im S&P 500 eine Gewichtung von ca. 3,7%.

Wie du weiter unschwer erkennen kannst, machen nur 6 Unternehmen knapp 50% des Index aus. Die restlichen 24 verteilen sich auf die anderen 50%. Für dich bedeutet das also, wenn du einen DAX ETF im Depot hast, dann hast du zu einem erheblichen Teil tatsächlich nur in wenige große Unternehmen investiert und nicht etwa in das gesamte Wirtschaftsdeutschland.

Das wirft die Frage auf, ob der DAX als Grundlage für einen ETF wirklich geeignet ist. Meiner Meinung nach ganz klar nicht. Er ist schlicht und ergreifend zu klein und du hast erheblich in einige wenige Unternehmen investiert. Das wiederum widerspricht unserem Leitsatz der Diversifikation und somit dem Grund, weshalb ETF als Investitionsobjekt gerade so attraktiv sind. Lies dazu mehr in meinem Artikel: Was ist ein ETF?

Wie der DAX sich im Vergleich zum S&P 500 entwickelt hat

Ich habe im Folgenden aus Yahoo! Finance noch eine weitere Grafik vorbereitet. Hier siehst du die historische Entwicklung des DAX (^GDAXI) im Vergleich zum S&P 500 (^GSPC):

DAX und S&P500

 

Zum einen, können wir erkennen, dass sich die beiden Indizes die meiste Zeit relativ gleich bewegen. Zum anderen, scheint auch die Wertentwicklung relativ ähnlich gewesen zu sein. Man könnte dem Trugschluss erliegen, es wäre relativ egal gewesen in welchen Index man investiert hätte. Aber das ist falsch! 

In den DAX sind Dividenden mit eingerechnet

Es gibt nämlich grundsätzlich zwei verschieden Typen von Indizes:

  1. Kursindex
  2. Performanceindex

Bei einem Kursindex werden die Dividenden nicht eingerechnet, bei einem Performanceindex hingegen schon. In der Regel werden von jedem Index beide Varianten berechnet und bereit gestellt. Das ist auch beim DAX so, nur wird aus einem mir unerklärlichen Grund, in den Nachrichten immer der Performanceindex gezeigt, wohingegen der S&P 500 in der Regel als Kursindex bekannt ist.

Konsequenterweise bedeutet das für unsere Grafik: der S&P 500 hat sich nicht ähnlich entwickelt wie der DAX, sondern viel besser!

So sieht das Bild aus, wenn man die sogenannte Total Return Variante, also die Performanceversion des S&P500 (^SP500TR) mit ins Bild holt:

DAX, S&P500 und der S&P500TR

So sieht das Bild schon anders aus. Wenn du wirklich den DAX mit dem S&P 500 oder generell einem anderen Index vergleichen möchtest, dann achte darauf, die Total Return Variante des S&P 500 oder des entsprechenden Index zu verwenden. Alternativ kannst du auch die Kursindexversion des DAX heranziehen. Ansonsten vergleichst du schlicht Äpfel mit Birnen.

Zusammenfassung: Warum du den DAX kritisch betrachten solltest

Hier noch einmal die Macken des DAX auf einen Blick:

  1. Er enthält zu wenige Werte
  2. Nur 6 Unternehmen machen mehr als die Hälfte des DAX aus
  3. Er wird als Performanceindex verwendet, wohingegen nahezu jeder andere Index in der Kursvariante angegeben ist
  4. Der DAX spiegelt nur einige wenige große Unternehmen wieder und nicht die deutsche Wirtschaft als Ganzes

In der Konsequenz solltest du dir gut überlegen, ob du nicht lieber auf ein breiter aufgestelltes Weltportfolio umsatteln möchtest. Ein DAX ETF ist nicht per se etwas Schlechtes, nur musst du dir dessen bewusst sein, dass das Argument der Diversifikation hier nur eingeschränkt gilt. Einfach aus dem Grund, weil der Index nicht besonders groß ist.

Wie denkst du darüber?

Mein Net Worth im April 2022:
253.000 €

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