Hatte Warren Buffett einfach nur Glück?

Selbst diejenigen, die sonst eigentlich nichts mit der Börse am Hut haben, kennen seinen Namen:

Warren Buffett.

Heute sehe ich mir einmal (im Halbernst) in einer kleinen Zahlenspielerei an, ob Warren Buffett vielleicht nicht einfach ein unvermeidbarer Glückspilz in einem Meer von Investoren ist.

Denn wie wir wissen, gibt es natürlich neben dem Durchschnitt am Markt viele Ausreißer nach oben und nach unten.

Und ist Warren Buffett am Ende möglicherweise einfach einer dieser unvermeidbaren Ausreißer?

Von 100.000$ zu 62.000.000.000$

warren-buffett-net-worth

Was man an dieser Grafik sehr schön erkennen kann, ist, dass der Zinseszins irgendwann relativ weit rechts auf der Zeitachse so richtig reinhaut und alles zuvor Gewesene wie Geplänkel aussehen lässt.

Immer wieder interessant zu beobachten wie ich finde.

Die Dimensionen, in denen sich Warren Buffetts Wohlstand bewegt, sind unfassbar groß. Es ist daher fast unvermeidlich, dass die Zahlen je nach Quelle etwas schwanken.

Weiterhin weiß ich nicht, wie viel Geld Mr. Buffett im Laufe seines Lebens seinen Investments wieder entzogen hat. Das Geld spiegelt sich dann natürlich nicht in seinem Endvermögen von $62 Milliarden wider, welches er im Jahr 2008 laut verschiedenen sowie übereinstimmenden Quellen besaß.

Nun wirst du vielleicht sagen:

2008? Neuere Zahlen hast du nicht auftreiben können?

Doch, hätte ich schon, aber 2008 hat er seinen Zenit als reichster Mensch der Erde überschritten, wenn man das überhaupt so sagen kann.

Von da an begann er nämlich nennenswerte Anteile an Berkshire Hathaway zugunsten seiner Stiftung The Giving Pledge zu veräußern. Wir würden die Rechnung also noch mehr verzerren, wenn wir sein aktuelles Vermögen, welches übrigens trotz des Verkaufs von Anteilen schon wieder bei $66 Milliarden steht, zugrunde legen.

Zu der ganzen Sache, wie viel Geld er im Laufe seines Lebens seinen Investments entnommen hat, gibt es natürlich keine offiziellen Zahlen.

Er vertritt allerdings die Philosophie, dass Gewinne am Besten im Unternehmen selbst aufgehoben sind und sich selbst zahlt(e) er auch nur ein niedriges sechsstelliges Gehalt aus.

Nichtsdestotrotz können wir ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass in Wirklichkeit die Zahlen noch ein wenig besser aussehen.

28,61% p.a. durchschnittliche Rendite

Warren Buffett begann im Alter von 25 Jahren mit $100.000, welche er von Familie und Freunden eingesammelt hatte. Nach rund 53 Jahren, im Jahre 2008, sind daraus $62.000.000.000 geworden.

Das ergibt unter Berücksichtigung von Zinseszinsen eine durchschnittliche Rendite in Höhe von 28,61% p.a., also nicht ganz ein Drittel jedes Jahr.

Alter Schwede!

Berechnet habe ich die Rendite, indem ich die 53. Wurzel aus (62.000.000.000/100.000) gezogen habe. Das ergibt eine durchschnittliche geometrische Rendite, welche wie gesagt den Zinseszins berücksichtigt. Mehr Informationen zur korrekten Berechnung deiner Rendite findest du in meinem Artikel “Deine Rendite berechnen: Du machst es womöglich falsch“.

Von solchen Renditen, und vor allem über solch einen langen Zeitraum hinweg, kann man am Aktienmarkt eigentlich nur träumen. Realistisch sind eher 5% nach Inflation und Steuer.

Und das auch nur im langfristigen Durchschnitt.

Die Wahrheit hinter Warren Buffetts Strategie

Wenn die Leute an Warren Buffett denken, dann sehen sie einzig und allein einen genialen Investor, der für sich eine Möglichkeit (Value-Investing) mitentwickelt hat, Unternehmen zu bewerten und günstig zu kaufen.

Fakt ist aber, dass das nur ein Teil der Geschichte ist. Denn der eigentliche Clou seines Erfolgs liegt nicht in der erzielten Rendite selbst.

Klar, seine annualisierte Performance ist beeindruckend und nur wenige werden da auch nur ansatzweise herankommen.

Es ist aber wichtig zu verstehen, dass Warren Buffett nicht zu einem der reichsten Menschen der Welt geworden ist, weil er die höchste Rendite von allen erzielt!

Es gibt sicher einige Trader, Hedgefonds und Glücksritter da draußen, die höhere Renditen einfahren.

Nein, was Warren Buffet macht, ist viel gerissener:

Er benutzt das Geld anderer Leute.

Das klingt jetzt zuerst einmal etwas dubios und negativ, aber das ist es definitiv nicht.

Lass mich das erklären:

Eine Branche, die Warren Buffett ganz besonders gern hat, sind Versicherungen und das aus gutem Grund.

Eine Versicherung funktioniert vereinfacht gesagt so:

Auf der einen Seite sammelt eine Versicherung kontinuierlich die vielen kleinen Beiträge der Versicherten ein und auf der anderen Seite zahlt sie die wenigen großen Schadensfälle aus.

Vereinfacht gesagt also linke Tasche, rechte Tasche.

Nun ist es aber so, dass das Einsammeln der Beiträge und die Auszahlungen zeitlich auseinander fallen können. Daher kann es sein, dass die Versicherung erst einmal auf einem Batzen Geld sitzt, dem sogenannten Float.

Den kann sie aber natürlich nicht einfach so für sich behalten.

Auch wenn vielleicht mal ein Jahr mit unterdurchschnittlich vielen Schadensfällen dabei ist, so müssen die übrig gebliebenen, eingesammelten Beiträge für die schlechteren Jahre in der Zukunft mit überdurchschnittlich vielen Schadensfällen aufgehoben werden.

Es gibt also Phasen, in denen eine Versicherung Geld verwahren muss und dabei handelt es sich in der Regel um gigantische Summen.

Und was macht sie damit?

Nun, sie kann es zum Beispiel in Wertpapiere investieren.

Wie Aktien zum Beispiel!

Warren Buffett hat hier clevererweise folgendes für sich erkannt:

Hey, ich bin sehr gut im Ausfindigmachen von attraktiven Aktien. Und Versicherungen haben stets viel freies Geld, um zu investieren. Ich kann also Geld der Versicherten investieren und davon profitieren!

Das heißt im Klartext, dass Warren Buffett einen Weg gefunden hat, das Geld anderer Leute als Hebel zu benutzen.

So kann er seine traumhaften Renditen nicht nur mit seinem eigenen beschränkten Kapital realisieren, sondern mit dem gigantischen Float einer Versicherung!

Das gibt ihm natürlich ganz andere Möglichkeiten als dem Otto-Normal-Anleger.

Kein Wunder also, dass seine Holding Berkshire Hathaway zahlreiche Versicherungen im Vollbesitz hat.

Viele seiner Bewunderer kennen diesen Fakt aber nicht und schreiben seinen Erfolg einzig und allein seiner Fähigkeit sehr gute Renditen zu erzielen zu.

Aber das ist eben, wie gesagt, nur eine Seite der Medaille.

Sein eigentlicher Geniestreich liegt im Aufspüren eines kostenlosen (technisch gesehen wird er von den Versicherten sogar dafür BEZAHLT, deren Geld zu verwahren) Hebels, um seinen Erfolg in ganz großem Maßstab zu verwirklichen.

Es gibt zu wenig Warren Buffetts auf dieser Welt!

Ich mache mal ein kleines Zahlenspielchen:

Nehmen wir an, die Börse wäre wirklich ein einziges, großes Glücksspiel und es wäre genauso wahrscheinlich gleich viel zu verlieren wie zu gewinnen.

Dann müsste aus mathematischer Sicht die Wahrscheinlichkeit für die Verdopplung bzw. den Totalverlust deines Kapitals jeweils 50% sein.

Wenn du also mit 10.000€ startest, wäre es ebenso wahrscheinlich 20.000€ daraus zu machen wie alles zu verlieren. Der Erwartungswert für den Gewinn wäre somit:

0,5*20.000€ – 0,5*0€ = 10.000€

Du gewinnst also auf lange Sicht weder etwas noch verlierst du etwas, Transaktionskosten mal außer Acht gelassen.

Da die Wahrscheinlichkeit für eine Verdopplung bei 50% liegt, wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit sein Kapital zweimal hintereinander zu verdoppeln?

Bei 50%*50% oder 0,5*0,5 = 0,25 beziehungsweise 25%

Wie oft musste Warren Buffett jetzt also seinen ursprünglichen Einsatz verdoppeln, um zeitweise der reichste Mensch der Erde zu werden? Ganz einfach:

$100.000 * 2^x = $62.000.000.000

=> x = ca. 19,24

Er musste seinen Einsatz also ungefähr 19,24-mal verdoppeln. Ich weiß ja nicht wie es dir geht, aber das klingt jetzt wieder irgendwie eher nach einer überraschend kleinen Zahl.

Das zeigt wieder einmal, dass der Mensch mit einem sehr schlechten Bauchgefühl für Wahrscheinlichkeiten ausgestattet ist.

Oder es liegt einfach an mir 😉

Wie geht es jetzt weiter?

Als nächstes sehen wir uns an, wie sich das in konkrete Wahrscheinlichkeiten übersetzt.

Wir erinnern uns, die Wahrscheinlichkeit einmal zu verdoppeln liegt bei 50%. Die Wahrscheinlichkeit 19,24-mal hintereinander zu verdoppeln demnach bei:

0,5*0,5*0,5 … bzw. 0,5^19,24 = 0,000001615 oder bei 0,0001615%

Ok, die Chancen, dass Warren Buffett es nur zufällig so weit gebracht hat, erscheinen derart betrachtet also doch als sehr gering. Aber drücken wir das Ganze doch einmal anders aus. Denn die obige Zahl bedeutet ja nichts anderes als:

1 / 0,000001615 = 619.195

Das bedeutet, dass im Schnitt einer aus rund 620.000 Investoren, welche Warren Buffett nacheifern, auch tatsächlich ein Warren Buffett wird, während die anderen 619.999 auf ihrem Weg dahin zwischendurch mal alles verlieren werden.

1 aus 620.000 klingt gar nicht mal so wild, wenn man bedenkt, dass es über 7 Milliarden Menschen auf der Welt gibt.

Natürlich ist die Zahl der Menschen, die den Luxus genießen, sich mit Aktien zu beschäftigen deutlich kleiner und die Zahl derer, die so einen aggressiven Kurs fahren wie Warren Buffett ist sicher nochmal bedeutend geringer.

Trotzdem kommt es mir subjektiv so vor, als müsste es rein statistisch noch mehr Ausnahme-Investoren da draußen geben.

Nun, die gibt es vermutlich auch. Es gibt sicherlich auch Menschen, die erfolgreicher beziehungsweise mehr Verdoppelungen geschafft haben als Warren Buffett. Trotzdem sind sie nicht unbedingt bei den reichsten Menschen der Erde dabei.

Wie geht das? Nun, nicht alle starten mit $100.000, sondern vielleicht nur mit $1000. Und Millionäre gibt es zu viele auf der Welt, um alle ihre Geschichten zu kennen. Manche Menschen wären vielleicht auch so erfolgreich wie Warren Buffett, hören aber viel eher auf und genießen ab einem gewissen Punkt einfach ihren Wohlstand.

Jeder nach seiner Façon.

Über Warren Buffett und seine Karriere

Warren Buffett KarikaturWarren Buffett begann seine eigentliche Karriere mit eben jenen $100.000 von weiter oben. Zu diesem Zeitpunkt war er 25 Jahre jung und gerade frisch aus der Uni (Columbia University in New York) heraus.

Dort hatte er auch seinen ersten Kontakt zu Benjamin Graham, welcher ihn als einer seiner Professoren auf das Thema Value-Investing aufmerksam machte.

Obwohl Buffett ein sehr engagierter Student war und er sich mit Graham wohl auch gut verstanden hatte, bot ihm dieser zunächst keinen Job an, den er so gerne gehabt hätte. Daraufhin ging Buffett zurück nach Omaha und betrieb dort mit mäßigem Erfolg eine Tankstelle.

Schließlich bekam er doch noch einen Job bei Graham, aber nach nur zwei Jahren schloss dieser seine Firma und Buffett ging abermals nach Omaha zurück. Nun aber offensichtlich mit neuen Plänen im Gepäck.

In seinem persönlichen Umfeld sammelte er das Startkapital für seine neue Firma ein und in den nächsten Jahren traf er offenbar einige gute Investmententscheidungen.

Seine erste Million machte er mit 31 Jahren und einer Firma für Windanlagen. Ungefähr zu dieser Zeit lernte er auch Charlie Munger kennen, eine weitere Größe im Bereich des Value-Investing.

Von da an ging es steil aufwärts und er fand ein goldenes Ei nach dem anderen: American Express, Disney, Washington Post und so weiter und so fort.

Neben all den Erfolgen gibt es aber auch einige Fehlschläge, die Buffett hinzunehmen hatte.

Als einen seiner rößten bezeichnet er selbst den Kauf von Berkshire Hathaway. Das klingt jetzt im ersten Moment paradox, denn schließlich heißt seine Holding heute noch so.

Aber damals war es ein Textilunternehmen am absteigenden Ast. Buffett hatte damals seiner Meinung nach ein Muster im Aktienkurs von Berkshire Hathaway entdeckt und bewegte regelmäßig größere Mengen an Aktien hin und her.

Warren Buffet MedalIn diesem Zusammenhang hatte er mit dem damaligen CEO von Berkshire Hathaway eine Vereinbarung über einen abermaligen Verkauf seiner Anteile an das Unternehmen selbst.

Der Legende nach hatten die beiden Herren eine mündliche Abmachung über den Preis, aber als Buffett den Scheck mit der Post bekam, sah er, dass der schließlich angebotene Preis wenige Cents unter dem lag was ursprünglich vereinbart worden war. Darüber war er so wütend, dass er anstatt zu verkaufen einen beherrschenden Anteil am Unternehmen erwarb, nur um den CEO feuern zu können.

Was genau war jetzt sein Fehler? Nun, jetzt besaß er einen großen Anteil an einem Unternehmen in einer in den USA sterbenden Industrie.

Dementsprechend weniger ertragreich waren seine folgenden Jahre, was ihn viel Zeit kostete. Buffett gibt an errechnet zu haben, dass er ohne den Kauf von Berkshire Hathaway 200 Milliarden Dollar geschafft hätte.

Da soll nochmal einer sagen Opportunitätskosten zählen nicht.

Ich finde es hier interessant zu sehen, dass obwohl er einer der reichsten Menschen der Welt ist, er sich trotzdem mit dem Ach-Hätte-Ich-Doch-Dilemma beschäftigt. Es ist offenbar tief im Menschen verankert sich über die entgangenen Möglichkeiten im Leben zu ärgern, egal was man erreicht hat.

Das ist für mich persönlich eine wichtige Erkenntnis. Auch wenn ich nicht glaube, dass Warren Buffett unglücklich ist.

Ich bleibe dabei:

Geld allein macht nicht glücklich, sondern nur das Leben leichter.

Ich will auch ein Warren Buffett sein

Nein willst du nicht.

Warren Buffett liest jeden Tag angeblich um die 500 Seiten. Und zwar nicht irgendwelche Romane, sondern Geschäftsberichte, Unterlagen und anderes zahlenlastiges Material.

Du kannst und willst sehr wahrscheinlich nicht den ganzen Tag derart extrem viel und intensiv Unternehmen studieren. Das ist aber notwendig, um mit der Methode des Value-Investing die seltenen Perlen zu finden, mit denen du diese außergewöhnlichen Renditen realisierst.

Aber selbst dann besteht die sehr hohe Chance, dass du den Markt nicht schlägst!

Das ist extrem aufwendig und frisst viel Zeit, die du zum einen nicht hast und zum anderen wahrscheinlich anders verbringen willst.

Vergiss nicht, Warren Buffett macht das schon seit vielen Jahrzehnten so.

Was du brauchst ist ein pflegeleichtes ETF-Portfolio, das dir einen soliden und vor allem unkomplizierten Weg an die Börse bietet.

Lass andere ruhig Warren Buffett spielen, such du dir lieber einen Weg, der dir sehr sicher einen positiven Erwartungswert liefert und bleib dabei.

Fazit: Warren Buffett hat es drauf

Zum Abschluss unseres Ausflugs in die Welt des Warren Buffett muss ich der Fairness halber noch ein paar Anmerkungen machen.

Wie gesagt, ich möchte ihm nichts absprechen oder madig reden, denn wie wir gesehen haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass er nicht einfach nur Glück hatte, sondern wirklich ein herausragender Investor ist.

Worum es mir hier in diesem Artikel viel mehr ging, ist es, zu zeigen, dass es aber eben mathematisch auch nicht ganz auszuschließen ist.

Das liegt einfach an der probabilistischen Natur der Börse. Absolute Gewissheiten gibt es hier einfach nicht.

Auch nicht für einen Warren Buffett.

Wie siehst du das? Habe ich einen wichtigen Aspekt vergessen? Wenn ja, lass es mich jetzt in einem Kommentar wissen!

Foto: DonkeyHotey Medill DC

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Comments (12)

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