Selbst diejenigen, die sonst eigentlich nichts mit der Börse am Hut haben, kennen seinen Namen:
Warren Buffett.
Heute sehe ich mir einmal (im Halbernst) in einer kleinen Zahlenspielerei an, ob Warren Buffett vielleicht nicht einfach ein unvermeidbarer Glückspilz in einem Meer von Investoren ist.
Denn wie wir wissen, gibt es natürlich neben dem Durchschnitt am Markt viele Ausreißer nach oben und nach unten.
Und ist Warren Buffett am Ende möglicherweise einfach einer dieser unvermeidbaren Ausreißer?
Inhalt
Von 100.000$ zu 62.000.000.000$
Was man an dieser Grafik sehr schön erkennen kann, ist, dass der Zinseszins irgendwann relativ weit rechts auf der Zeitachse so richtig reinhaut und alles zuvor Gewesene wie Geplänkel aussehen lässt.
Immer wieder interessant zu beobachten wie ich finde.
Die Dimensionen, in denen sich Warren Buffetts Wohlstand bewegt, sind unfassbar groß. Es ist daher fast unvermeidlich, dass die Zahlen je nach Quelle etwas schwanken.
Weiterhin weiß ich nicht, wie viel Geld Mr. Buffett im Laufe seines Lebens seinen Investments wieder entzogen hat. Das Geld spiegelt sich dann natürlich nicht in seinem Endvermögen von $62 Milliarden wider, welches er im Jahr 2008 laut verschiedenen sowie übereinstimmenden Quellen besaß.
Nun wirst du vielleicht sagen:
2008? Neuere Zahlen hast du nicht auftreiben können?
Doch, hätte ich schon, aber 2008 hat er seinen Zenit als reichster Mensch der Erde überschritten, wenn man das überhaupt so sagen kann.
Von da an begann er nämlich nennenswerte Anteile an Berkshire Hathaway zugunsten seiner Stiftung The Giving Pledge zu veräußern. Wir würden die Rechnung also noch mehr verzerren, wenn wir sein aktuelles Vermögen, welches übrigens trotz des Verkaufs von Anteilen schon wieder bei $66 Milliarden steht, zugrunde legen.
Zu der ganzen Sache, wie viel Geld er im Laufe seines Lebens seinen Investments entnommen hat, gibt es natürlich keine offiziellen Zahlen.
Er vertritt allerdings die Philosophie, dass Gewinne am Besten im Unternehmen selbst aufgehoben sind und sich selbst zahlt(e) er auch nur ein niedriges sechsstelliges Gehalt aus.
Nichtsdestotrotz können wir ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass in Wirklichkeit die Zahlen noch ein wenig besser aussehen.
28,61% p.a. durchschnittliche Rendite
Warren Buffett begann im Alter von 25 Jahren mit $100.000, welche er von Familie und Freunden eingesammelt hatte. Nach rund 53 Jahren, im Jahre 2008, sind daraus $62.000.000.000 geworden.
Das ergibt unter Berücksichtigung von Zinseszinsen eine durchschnittliche Rendite in Höhe von 28,61% p.a., also nicht ganz ein Drittel jedes Jahr.
Alter Schwede!
Berechnet habe ich die Rendite, indem ich die 53. Wurzel aus (62.000.000.000/100.000) gezogen habe. Das ergibt eine durchschnittliche geometrische Rendite, welche wie gesagt den Zinseszins berücksichtigt. Mehr Informationen zur korrekten Berechnung deiner Rendite findest du in meinem Artikel “Deine Rendite berechnen: Du machst es womöglich falsch“.
Von solchen Renditen, und vor allem über solch einen langen Zeitraum hinweg, kann man am Aktienmarkt eigentlich nur träumen. Realistisch sind eher 5% nach Inflation und Steuer.
Und das auch nur im langfristigen Durchschnitt.
Die Wahrheit hinter Warren Buffetts Strategie
Wenn die Leute an Warren Buffett denken, dann sehen sie einzig und allein einen genialen Investor, der für sich eine Möglichkeit (Value-Investing) mitentwickelt hat, Unternehmen zu bewerten und günstig zu kaufen.
Fakt ist aber, dass das nur ein Teil der Geschichte ist. Denn der eigentliche Clou seines Erfolgs liegt nicht in der erzielten Rendite selbst.
Klar, seine annualisierte Performance ist beeindruckend und nur wenige werden da auch nur ansatzweise herankommen.
Es ist aber wichtig zu verstehen, dass Warren Buffett nicht zu einem der reichsten Menschen der Welt geworden ist, weil er die höchste Rendite von allen erzielt!
Es gibt sicher einige Trader, Hedgefonds und Glücksritter da draußen, die höhere Renditen einfahren.
Nein, was Warren Buffet macht, ist viel gerissener:
Das klingt jetzt zuerst einmal etwas dubios und negativ, aber das ist es definitiv nicht.
Lass mich das erklären:
Eine Branche, die Warren Buffett ganz besonders gern hat, sind Versicherungen und das aus gutem Grund.
Eine Versicherung funktioniert vereinfacht gesagt so:
Auf der einen Seite sammelt eine Versicherung kontinuierlich die vielen kleinen Beiträge der Versicherten ein und auf der anderen Seite zahlt sie die wenigen großen Schadensfälle aus.
Vereinfacht gesagt also linke Tasche, rechte Tasche.
Nun ist es aber so, dass das Einsammeln der Beiträge und die Auszahlungen zeitlich auseinander fallen können. Daher kann es sein, dass die Versicherung erst einmal auf einem Batzen Geld sitzt, dem sogenannten Float.
Den kann sie aber natürlich nicht einfach so für sich behalten.
Auch wenn vielleicht mal ein Jahr mit unterdurchschnittlich vielen Schadensfällen dabei ist, so müssen die übrig gebliebenen, eingesammelten Beiträge für die schlechteren Jahre in der Zukunft mit überdurchschnittlich vielen Schadensfällen aufgehoben werden.
Es gibt also Phasen, in denen eine Versicherung Geld verwahren muss und dabei handelt es sich in der Regel um gigantische Summen.
Und was macht sie damit?
Nun, sie kann es zum Beispiel in Wertpapiere investieren.
Wie Aktien zum Beispiel!
Warren Buffett hat hier clevererweise folgendes für sich erkannt:
Hey, ich bin sehr gut im Ausfindigmachen von attraktiven Aktien. Und Versicherungen haben stets viel freies Geld, um zu investieren. Ich kann also Geld der Versicherten investieren und davon profitieren!
Das heißt im Klartext, dass Warren Buffett einen Weg gefunden hat, das Geld anderer Leute als Hebel zu benutzen.
So kann er seine traumhaften Renditen nicht nur mit seinem eigenen beschränkten Kapital realisieren, sondern mit dem gigantischen Float einer Versicherung!
Das gibt ihm natürlich ganz andere Möglichkeiten als dem Otto-Normal-Anleger.
Kein Wunder also, dass seine Holding Berkshire Hathaway zahlreiche Versicherungen im Vollbesitz hat.
Viele seiner Bewunderer kennen diesen Fakt aber nicht und schreiben seinen Erfolg einzig und allein seiner Fähigkeit sehr gute Renditen zu erzielen zu.
Aber das ist eben, wie gesagt, nur eine Seite der Medaille.
Sein eigentlicher Geniestreich liegt im Aufspüren eines kostenlosen (technisch gesehen wird er von den Versicherten sogar dafür BEZAHLT, deren Geld zu verwahren) Hebels, um seinen Erfolg in ganz großem Maßstab zu verwirklichen.
Es gibt zu wenig Warren Buffetts auf dieser Welt!
Ich mache mal ein kleines Zahlenspielchen:
Nehmen wir an, die Börse wäre wirklich ein einziges, großes Glücksspiel und es wäre genauso wahrscheinlich gleich viel zu verlieren wie zu gewinnen.
Dann müsste aus mathematischer Sicht die Wahrscheinlichkeit für die Verdopplung bzw. den Totalverlust deines Kapitals jeweils 50% sein.
Wenn du also mit 10.000€ startest, wäre es ebenso wahrscheinlich 20.000€ daraus zu machen wie alles zu verlieren. Der Erwartungswert für den Gewinn wäre somit:
Du gewinnst also auf lange Sicht weder etwas noch verlierst du etwas, Transaktionskosten mal außer Acht gelassen.
Da die Wahrscheinlichkeit für eine Verdopplung bei 50% liegt, wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit sein Kapital zweimal hintereinander zu verdoppeln?
Wie oft musste Warren Buffett jetzt also seinen ursprünglichen Einsatz verdoppeln, um zeitweise der reichste Mensch der Erde zu werden? Ganz einfach:
=> x = ca. 19,24
Er musste seinen Einsatz also ungefähr 19,24-mal verdoppeln. Ich weiß ja nicht wie es dir geht, aber das klingt jetzt wieder irgendwie eher nach einer überraschend kleinen Zahl.
Das zeigt wieder einmal, dass der Mensch mit einem sehr schlechten Bauchgefühl für Wahrscheinlichkeiten ausgestattet ist.
Oder es liegt einfach an mir 😉
Wie geht es jetzt weiter?
Als nächstes sehen wir uns an, wie sich das in konkrete Wahrscheinlichkeiten übersetzt.
Wir erinnern uns, die Wahrscheinlichkeit einmal zu verdoppeln liegt bei 50%. Die Wahrscheinlichkeit 19,24-mal hintereinander zu verdoppeln demnach bei:
Ok, die Chancen, dass Warren Buffett es nur zufällig so weit gebracht hat, erscheinen derart betrachtet also doch als sehr gering. Aber drücken wir das Ganze doch einmal anders aus. Denn die obige Zahl bedeutet ja nichts anderes als:
Das bedeutet, dass im Schnitt einer aus rund 620.000 Investoren, welche Warren Buffett nacheifern, auch tatsächlich ein Warren Buffett wird, während die anderen 619.999 auf ihrem Weg dahin zwischendurch mal alles verlieren werden.
1 aus 620.000 klingt gar nicht mal so wild, wenn man bedenkt, dass es über 7 Milliarden Menschen auf der Welt gibt.
Natürlich ist die Zahl der Menschen, die den Luxus genießen, sich mit Aktien zu beschäftigen deutlich kleiner und die Zahl derer, die so einen aggressiven Kurs fahren wie Warren Buffett ist sicher nochmal bedeutend geringer.
Trotzdem kommt es mir subjektiv so vor, als müsste es rein statistisch noch mehr Ausnahme-Investoren da draußen geben.
Nun, die gibt es vermutlich auch. Es gibt sicherlich auch Menschen, die erfolgreicher beziehungsweise mehr Verdoppelungen geschafft haben als Warren Buffett. Trotzdem sind sie nicht unbedingt bei den reichsten Menschen der Erde dabei.
Wie geht das? Nun, nicht alle starten mit $100.000, sondern vielleicht nur mit $1000. Und Millionäre gibt es zu viele auf der Welt, um alle ihre Geschichten zu kennen. Manche Menschen wären vielleicht auch so erfolgreich wie Warren Buffett, hören aber viel eher auf und genießen ab einem gewissen Punkt einfach ihren Wohlstand.
Jeder nach seiner Façon.
Über Warren Buffett und seine Karriere
Warren Buffett begann seine eigentliche Karriere mit eben jenen $100.000 von weiter oben. Zu diesem Zeitpunkt war er 25 Jahre jung und gerade frisch aus der Uni (Columbia University in New York) heraus.
Dort hatte er auch seinen ersten Kontakt zu Benjamin Graham, welcher ihn als einer seiner Professoren auf das Thema Value-Investing aufmerksam machte.
Obwohl Buffett ein sehr engagierter Student war und er sich mit Graham wohl auch gut verstanden hatte, bot ihm dieser zunächst keinen Job an, den er so gerne gehabt hätte. Daraufhin ging Buffett zurück nach Omaha und betrieb dort mit mäßigem Erfolg eine Tankstelle.
Schließlich bekam er doch noch einen Job bei Graham, aber nach nur zwei Jahren schloss dieser seine Firma und Buffett ging abermals nach Omaha zurück. Nun aber offensichtlich mit neuen Plänen im Gepäck.
In seinem persönlichen Umfeld sammelte er das Startkapital für seine neue Firma ein und in den nächsten Jahren traf er offenbar einige gute Investmententscheidungen.
Seine erste Million machte er mit 31 Jahren und einer Firma für Windanlagen. Ungefähr zu dieser Zeit lernte er auch Charlie Munger kennen, eine weitere Größe im Bereich des Value-Investing.
Von da an ging es steil aufwärts und er fand ein goldenes Ei nach dem anderen: American Express, Disney, Washington Post und so weiter und so fort.
Neben all den Erfolgen gibt es aber auch einige Fehlschläge, die Buffett hinzunehmen hatte.
Als einen seiner rößten bezeichnet er selbst den Kauf von Berkshire Hathaway. Das klingt jetzt im ersten Moment paradox, denn schließlich heißt seine Holding heute noch so.
Aber damals war es ein Textilunternehmen am absteigenden Ast. Buffett hatte damals seiner Meinung nach ein Muster im Aktienkurs von Berkshire Hathaway entdeckt und bewegte regelmäßig größere Mengen an Aktien hin und her.
In diesem Zusammenhang hatte er mit dem damaligen CEO von Berkshire Hathaway eine Vereinbarung über einen abermaligen Verkauf seiner Anteile an das Unternehmen selbst.
Der Legende nach hatten die beiden Herren eine mündliche Abmachung über den Preis, aber als Buffett den Scheck mit der Post bekam, sah er, dass der schließlich angebotene Preis wenige Cents unter dem lag was ursprünglich vereinbart worden war. Darüber war er so wütend, dass er anstatt zu verkaufen einen beherrschenden Anteil am Unternehmen erwarb, nur um den CEO feuern zu können.
Was genau war jetzt sein Fehler? Nun, jetzt besaß er einen großen Anteil an einem Unternehmen in einer in den USA sterbenden Industrie.
Dementsprechend weniger ertragreich waren seine folgenden Jahre, was ihn viel Zeit kostete. Buffett gibt an errechnet zu haben, dass er ohne den Kauf von Berkshire Hathaway 200 Milliarden Dollar geschafft hätte.
Da soll nochmal einer sagen Opportunitätskosten zählen nicht.
Ich finde es hier interessant zu sehen, dass obwohl er einer der reichsten Menschen der Welt ist, er sich trotzdem mit dem Ach-Hätte-Ich-Doch-Dilemma beschäftigt. Es ist offenbar tief im Menschen verankert sich über die entgangenen Möglichkeiten im Leben zu ärgern, egal was man erreicht hat.
Das ist für mich persönlich eine wichtige Erkenntnis. Auch wenn ich nicht glaube, dass Warren Buffett unglücklich ist.
Ich bleibe dabei:
Geld allein macht nicht glücklich, sondern nur das Leben leichter.
Ich will auch ein Warren Buffett sein
Nein willst du nicht.
Warren Buffett liest jeden Tag angeblich um die 500 Seiten. Und zwar nicht irgendwelche Romane, sondern Geschäftsberichte, Unterlagen und anderes zahlenlastiges Material.
Du kannst und willst sehr wahrscheinlich nicht den ganzen Tag derart extrem viel und intensiv Unternehmen studieren. Das ist aber notwendig, um mit der Methode des Value-Investing die seltenen Perlen zu finden, mit denen du diese außergewöhnlichen Renditen realisierst.
Aber selbst dann besteht die sehr hohe Chance, dass du den Markt nicht schlägst!
Das ist extrem aufwendig und frisst viel Zeit, die du zum einen nicht hast und zum anderen wahrscheinlich anders verbringen willst.
Vergiss nicht, Warren Buffett macht das schon seit vielen Jahrzehnten so.
Was du brauchst ist ein pflegeleichtes ETF-Portfolio, das dir einen soliden und vor allem unkomplizierten Weg an die Börse bietet.
Lass andere ruhig Warren Buffett spielen, such du dir lieber einen Weg, der dir sehr sicher einen positiven Erwartungswert liefert und bleib dabei.
Fazit: Warren Buffett hat es drauf
Zum Abschluss unseres Ausflugs in die Welt des Warren Buffett muss ich der Fairness halber noch ein paar Anmerkungen machen.
Wie gesagt, ich möchte ihm nichts absprechen oder madig reden, denn wie wir gesehen haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass er nicht einfach nur Glück hatte, sondern wirklich ein herausragender Investor ist.
Worum es mir hier in diesem Artikel viel mehr ging, ist es, zu zeigen, dass es aber eben mathematisch auch nicht ganz auszuschließen ist.
Das liegt einfach an der probabilistischen Natur der Börse. Absolute Gewissheiten gibt es hier einfach nicht.
Auch nicht für einen Warren Buffett.
Wie siehst du das? Habe ich einen wichtigen Aspekt vergessen? Wenn ja, lass es mich jetzt in einem Kommentar wissen!
Foto: DonkeyHotey , Medill DC
Mein Net Worth im April 2022:
253.000 €
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“Nehmen wir an die Börse wäre wirklich ein einziges großes Glücksspiel und es ist genauso wahrscheinlich gleich viel zu verlieren oder zu gewinnen. Dann müsste aus mathematischer Sicht die Wahrscheinlichkeit für die Verdopplung bzw. den Totalverlust deines Kapitals jeweils 50% sein.”
Sorry, aber hier ist leider schon die Logik an ihrem Ende angekommen: Es gibt mehr als die zwei verschiedenen Ereignisse “Doppelt” oder “Nichts”. Alle anderen Ereignisse haben ebenfalls Wahrscheinlichkeiten.
Du hast ausgerechnet, wie Wahrscheinlich es ist, dass jemand 19,x mal die Münze wirft und
* immer das von ihm vorhergesagte Ereignis eintritt oder
* immer Kopf erscheint oder
* immer Zahl erscheint
Die W’keit ist ca. 1/620000.
Mit der W’keit, das Vermögen 19,x mal zu verdoppeln, hat das überhaupt nichts zu tun.
“Es gibt mehr als die zwei verschiedenen Ereignisse “Doppelt” oder “Nichts”. Alle anderen Ereignisse haben ebenfalls Wahrscheinlichkeiten.”
Das ist richtig und auch diesen könnten wir Wahrscheinlichkeiten zuordnen. Da ich für unser kleines Beispiel hier ein aktuarisch faires Spiel zugrunde lege muss lediglich der Erwartungswert null sein. Das geht natürlich auch dann wenn Gewinn und Verlust nicht gleich groß sind.
50/50 bezieht sich darauf, es ist gleich wahrscheinlich die gleiche Summe entweder zu gewinnen oder zu verlieren. Dann ist der Erwartungswert des Spiels null und es handelt sich um ein faires Glücksspiel. Das die Börse nicht unbedingt so geartet ist dürfte uns beiden klar sein 😉
Würden wir beispielsweise 100€ setzen und die Position bei 25€ Gewinn oder 50€ Verlust schließen wäre die relative Verteilung zwischen Gewinn und Verlust 66,6666%/33,3333% denn dann gilt 0,6666*25 – 0,3333*50 = 0
Jedes Ereignis ist natürlich möglich und wenn man die Wahrscheinlichkeiten in so einem Spiel raufrechnet bis man rund 19 Verdoppelungen hat kommt man wieder zu unseren 1/620.000. Wäre auch seltsam wenn nicht.
“Mit der W’keit, das Vermögen 19,x mal zu verdoppeln, hat das überhaupt nichts zu tun.”
Wenn ich in ein Casino gehe und es gäbe keinen Hausvorteil oder Limits müsste ich ca. 19 Mal hintereinander richtig tippen und jedesmal meinen Gewinn stehen lassen. Wenn ich zwischendurch einmal falsch liege, dann ist das ganze Geld weg. Und da gibt es eben 619.999 Möglichkeiten wie das passieren könnte. In nur einem Fall wäre es gut gegangen.
Es hat also durchaus was mit den Wahrscheinlichkeiten zu tun ob man sein Vermögen verxfacht.
Ich hatte dieses Spiel auch eher zu Unterhaltungszwecken vorgesehen, wie gesagt 🙂
LG
Alex
Hallo Alex,
keine Angst, ich habe schon verstanden, dass die Berechnung nicht bierernst zu nehmen ist und wissenschaftlichen Ansprüchen genügen soll – ich will hier auch keine Spassbremse sein.
Mir ist nur wichtig, dass die Schlussfolgerung Deiner Berechnung so nicht (noch nicht man ungefähr) richtig ist. Deine Schlussfolgerung ist ja:
“Das bedeutet dass im Schnitt einer aus rund 620.000 Investoren, welche Warren Buffett nacheifern auch ein Warren Buffett wird, während die anderen 619.999 auf ihrem Weg dahin zwischendurch mal alles verloren haben.”
Dass das Ergebnis nicht stimmen kann, merkst Du ja selbst im Artikel und begründest es damit, dass die ursprünglich investierte Summe kleiner ist oder der Investor vorzeitig den “Verdoppelungsprozess” beendet.
Das ist aber nicht das Problem. Du behauptest, es gibt nur zwei verschiedene Ereignisse, die irgendwann(!) in einem Anlegerleben auftreten können: Das Vermögen verdoppelt sich oder verschwindet (und für beide Ereignisse ist die W’keit 50%). Das ist aber schon ein Fehler: Es gibt Anleger, die weder das eine noch das andere erreichen. Daher verteilt sich die W’keit eben nicht nur auf diese beiden Werte, sondern auf viele andere.
Beispiele für “andere” Anleger sind:
* diejenigen, die auf lange Sicht eine Rendite von 0% haben – ihr Vermögen wächst partout nicht. Das sind diejenigen, bei denen sich gute und schlechte Jahre abwechseln (Halbierung im ersten Jahr, Verdoppelung im zweiten Jahr, Halbierung im dritten, …) oder die immer 0% haben oder diejenigen, bei denen auf andere Art und Weise der Vermögenswert rauf und runter geht.
* diejenigen, die auf lange Sicht zwar steigende/fallende Renditen haben, aber trotzdem niemals (in ihrem Leben) den Punkt einer Verdoppelung/Totalpleite erreichen: Wenn jährlich die Rendite 1% ist, müsste das Vermögen für eine(!) Verdoppelung 70 Jahre angelegt sein. Wer einmalig 5000€ anlegt und kontinuierlich -10% Rendite hat, ist selbst nach 80 Anlegerjahren noch nicht bei 0 angekommen.
Diese Anleger berücksichtigst Du nicht, wenn Du sagst: “Es gibt nur zwei Ereignisse”.
Die Frage, die Du bei der einmaligen Verdoppelung auch völlig außer acht lässt, ist der Zeitraum, in dem die Verdoppelung stattfinden soll. Ich vermute, viele Anleger verdoppeln ihre Erstinvestition irgendwann mal im Leben. Wer 6% Rendite jährlich erzielt, schafft das in rund 12 Jahren. Um das 19 Mal zu schaffen, müsste er aber über 200 Jahre lang anlegen. Die wenigsten haben diese Ausdauer 😉
“Jedes Ereignis ist natürlich möglich und wenn man die Wahrscheinlichkeiten in so einem Spiel raufrechnet bis man rund 19 Verdoppelungen hat kommt man wieder zu unseren 1/620.000. Wäre auch seltsam wenn nicht.”
Wenn das Spiel Münzwurf heißt, hast Du recht. Wenn das Spiel Vermögensanlage an der Börse heißt, leider überhaupt nicht. Sorry.
Liebe Grüße
Dummerchen
“Wenn das Spiel Münzwurf heißt, hast Du recht.”
Danke, genau das sollte das obige Zahlenspiel auch sein: Eine Reihe fairer Münzwürfe. Und in diesem hängt die Wahrscheinlichkeit sein Vermögen zu verxfachen durchaus von den Abfolgen der zugrunde liegenden Ereignisse ab.
Und natürlich kann man das so nicht eins zu eins direkt auf die Börse übertragen, denn hier haben wir im langfristigen Durchschnitt einen positiven Drift (von mir aus x% p.a.) welcher den Erwartungswert dementsprechend nach oben verändert (Dadurch müsste es übrigens noch mehr Buffets geben weil es eine Mehrung des Kapitals wahrscheinlicher macht). Deswegen schrieb ich auch “Nehmen wir mal an…”, denn ich sehe die Börse aufgrund dieses Drifts eben auch nicht als faires Glücksspiel sondern als etwas mit einen positiven Erwartungswert. Warum sonst würde ich dort anlegen und darüber hier schreiben 😉
Weiterhin kann ich in so einem simplen Spiel natürlich keine Faktoren wie Zeit (die in diesem Spiel nebenbei gesagt auch keine Rolle spielt) berücksichtigen oder jeden erdenklichen Verlauf im Detail darstellen (werden aber alle hier durch die beiden Zustände und zugehörigen Wahrscheinlichkeiten zusammengefasst dargestellt). Ich wollte hier aber auch nicht eine detaillierte Börsensimulation vorstellen, sondern mit einem stark vereinfachenden (aber wissenschaftlich durchaus korrekten) Spiel mich und meine geschätzten Leser unterhalten.
Auch wenn man das Spiel so nicht direkt übertragen kann, bucklig verwandt ist die Börse mit einem Münzwurf durchaus. Das ist nicht abwertend gemeint sondern kalt beobachtend und das kann man nicht wahrhaben wollen oder eben hinnehmen. Das ist ja auch nichts Schlimmes daran, es heißt nur zu akzeptieren das für beide die gleichen mathematischen Gesetze existieren.
Worum es mir bei diesem Beispiel vor allem geht, ist es den geneigten Leser dazu zu bringen die Börse als nichts Absolutes hinzunehmen sondern als etwas Probabilistisches. Man kann der beste Investor der Welt sein aber man kann trotzdem nicht mit letzer Gewissheit ausschließen das es einfach nur Glück war. Darin liegt ja auch irgendwo der Zauber, nicht wahr?
Alles hinterfragen, nichts einfach hinnehmen, dazu möchte ich ermuntern. Du machst es richtig vor 🙂
Danke für deinen Beitrag.
Liebe Grüße
Alex
Sehr guter Artikel, und ich denke, die Frage des Artikels kann mit JA beantwortet werden. Ich lese gerade das Buch “Risiko” von Gerd Gigerenzer, der diesem Thema ein ganzes Kapitel widmet. Bei einer großen Anzahl von Menschen wird man immer einen finden, der bei 50/50-Entscheidungen immer richtig liegt. Die anderen zig-tausend (z.B. derjenige, der immer falsch lag) werden es aber leider nie in die Presse schaffen.
Hallo Christian,
Danke für das Lob. Ja, das ist genau das Prinzip welches ich meinte 🙂
Das Buch hab ich noch nicht gelesen, ist es empfehlenswert deiner Meinung nach?
Danke für deinen Beitrag!
Alex
Hi Alex!
Ich höre das Buch gerade als Hörbuch, habe mir es aber gerade noch in gedruckter Version bestellt, weil ich es einfach klasse finde und ich festgestellt habe, dass solch ein “Sach-” Buch doch als gedrucktes Buch besser ist. Ich kann es nur empfehlen, wenn man Entscheidungen in einer Welt der Unsicherheit gut treffen möchte.
Hallo Christian,
danke für den Tipp! Werde ich bei Gelegenheit auch mal durchschmökern.
Viele Grüße
Alex
Hallo,
Schöner Blog, bin gerade erst drüber gestolpert.
Ich habe schon des öfteren gelesen, dass Warren Buffet Optionen handelt. Wenn er dies wirklich gemacht hat ist eine Rendite von 28 Prozent durchaus möglich. (Vor allem in Kombination mit Value-Aktien). Ich teste so eine ähnliche Strategie gerade selbst in meinem Depot, und habe bis jetzt 10 Prozent gemacht seit Jahresanfang. Bei mir kann es natürlich auch sein, dass etwas Glück dabei war. Die Erfolgsaussichten sind hier schon einmal nicht so schlecht.
Aber ich denke, man muss sich einfach eingestehen, dass manche Menschen vielleicht mehr Wissen als der Rest. Und ich glaube auch nicht, dass es viele Menschen gibt, die sich so intensiv mit den Geschäftsberichten der Firmen beschäftigen als Warren.
Vielleicht ist Glück auch nur eine Ausrede der breiten Masse, um sich nicht so intensiv mit einer Thematik auseinandersetzen zu müssen.
Bitte nicht falsch verstehen. Will nur vielleicht aufzeigen, dass es möglich sein könnte, dass er kein Glück hatte.
Danke für das Kompliment 🙂
Ja Warren Buffett hatte wahrscheinlich nicht einfach nur Glück und mehr drauf als ich hat er bewertungstechnisch allemal. Aber mit letzter Gewissheit ausschließen kann man es nicht. Also das mit dem Glück, nicht das mit mehr draufhaben als ich 😉
Ich meine gelesen zu haben, dass Warren Buffett gerne in langlaufende Short-Putpositionen investiert war, da er
1. Das Bewertungsmodell für fehlerhaft hält (da ist was dran) und der Stillhalter so bevorteilt wird
und 2. seinen Einstiegskurs bei Werten die er gerne hatte(KO etc.) so verbilligen bzw. die Prämie vereinnahmen konnte.
Bin mir aber nicht sicher ob er das immer noch so macht, müsste man bei der SEC raussuchen was es da an Filings von Berkshire gibt. Meine aber er hätte damit 2008 aufgehört.
Auf jeden Fall finde ich Short Volatility Strategien eine interessante Sache. Ich würde nicht Haus und Hof drauf setzen beziehungsweise mein “seriöses” Portfolio aber interessant ist es wie gesagt trotzdem.
Weiß nicht ob du diesen Blog schon kennst: http://www.surlytrader.com/volatility-selling-strategies/
Wird zwar nicht mehr geupdatet aber hat ein paar interessante Artikel zum Thema.
Danke für deinen Beitrag, ich schau die Tage mal auf deinem Blog vorbei 🙂
Viele Grüße
Alex
Hallo Alex,
Danke für die Antwort.
Diesen Blog kannte ich noch nicht, werde ich bei Gelegenheit einmal durchschmöckern. Die Short Puts die du angesprochen hast haben mir bis jetzt jedes Monat sehr gute Erträge eingebracht. Wichtig ist, dass man wirklich nur Aktien verwendet, die man auch kaufen würde. Hatte zuletzt ein kleines Dilemma mit der Aktie von Seagate Technology, aber da komm ich früher oder später mittels short calls auch wieder heraus.
Würde mich freuen, wenn du einmal vorbeischaust 🙂
mfG
Hallo Alex,
ich bin sicher, dass Warren Buffett kein Glück hatte. Es ist nur wirklich schwer seine Anlagestrategie zu verstehen, nachzumachen ist sie übrigens nicht.
Folgende Punkte belegen meine Sicht (denke ich):
– Berkshire: Hier ist seine Aussage ambivalent. Er hat es als einen 200-Mrd.-Fehler bezeichnet, aber nur dadurch hat er eine Anlagemöglichkeit ohne Kapitalabfluss gefunden, welche mit seiner Partnerschaft nicht möglich war.
– Liquidität: Seine Aktienauswahl unterliegt sogar dem S&P hinsichtlich Rendite (Studie), aber sein Cash Flow ist für seinen Anlagestil zugeschnitten. Auch hier, ambivalent.
– Hebel: Er hebelt seine Anlage, weil er mit Geld arbeitet, welches ihm nicht gehört, die Kosten bestimmt das Underwriting. So funktionieren auch die Optionen, welche er ausgibt. So ist es auch mit seinen Derivaten, von denen er gar nichts hält, siehe Abwicklung der GenRe-Bücher. Wieder ambivalent.
Insofern, ich versuche von seiner Strategie zu lernen, bspw. was Steuern, Hebel, Auswahl und Timing angeht. Seine Rendite fällt übrigens kontinuierlich, seit 20 Jahren nur noch knapp über 10%. Das ist allerdings nach Steuern immer noch besser als der S&P und damit Granate!
Grüße, Alex