Forex: Warum du SOFORT aufhören solltest zu traden

Ja, ganz richtig gelesen:

Wenn du wirklich nochmal darüber nachdenkst dich mit Forex und Devisenhandel zu beschäftigen, dann quetsch ich mich durch deinen Bildschirm und dann wird es unangenehm.

Dabei mein ich es doch nur gut!

Warum bringt mich das Thema Forex so zur Weißglut?

Ganz einfach:

In regelmäßigen Abständen landen in meinem Postfach Mails, in denen mich Leser darauf hinweisen, dass man mit Forex doch zu dieser und zu jener Gelegenheit ein Vermögen hätte machen können, wenn man doch nur die Chance genutzt hätte. Der Devisenhandel quasi als unser aller finanzielles Elysium. Na klar.

Jüngstes Beispiel ist der Verfall des mexikanischen Pesos nach der US-Wahl 2016.

Was man da hätte Asche machen können!

Sollte man also vielleicht einen Teil (“Spielgeld”) seines Depots zum Spekulieren an den Währungsmärkten reservieren?

Ich bin bei solchen Nachrichten immer etwas ratlos, versuche zu erklären warum ich das für keine gute Idee halte und verweise zusätzlich auf meinen Artikel zum Unterschied zwischen Spekulieren und Investieren.

Ich habe auch in meinem Transparenzversprechen meine Meinung zu den zahlreichen Forexbuden und Konsorten da draußen bereits durchblicken lassen.

Hier möchte ich jetzt ein für alle Mal und für jeden zugänglich in die Tiefe gehen. Ok, mittlerweile hab ich mich auch ein wenig beruhigt, ich werde natürlich nicht durch den Bildschirm zu dir durchbrechen.

Ich bleibe (für heute) brav auf meiner Seite, du kannst die Gabel oder das Pfefferspray also wieder weglegen und wir sehen uns in aller Ruhe an, warum du dich lieber voll und ganz auf dein Investmentportfolio konzentrieren solltest, anstatt auf wilde Währungsspekulationen.

Der Devisenhandel ist ein Nullsummenspiel

Was ist denn jetzt bitte ein Nullsummenspiel fragen sich vielleicht manche.

Ganz einfach:

Ein Nullsummenspiel ist ein Spiel, bei dem des einen Gewinn exakt des anderen Verlust ist.

Kurzes klassisches Beispiel:

Du und ich werfen eine Münze. Bei Zahl gewinnst du, bei Kopf gewinne ich. Derjenige der gewinnt erhält 10€ vom anderen.

Wenn wir nun viele Male unsere Münze werfen, wie viel Gewinn/Verlust wirst du oder ich statistisch haben?

Null.

Ganz recht, weder du noch ich haben dauerhaft Gewinn oder Verlust bei diesem Spiel gemacht. Die Hälfte der Spiele gewinnt man und die andere Hälfte der Spiele verliert man, zumindest im langfristigen Schnitt.

Der Erwartungswert: 0,5*10€ – 0,5*10€ = 0

Klingt doch erstmal neutral oder nicht? Man kann zwar nichts gewinnen aber eben auch nichts verlieren. Das Gleiche trifft auch auf den Devisenhandel zu. Hier wird ebenfalls kein Wert generiert aber auch nicht vernichtet, sondern lediglich von A nach B geschoben.

Das ist ein wichtiger Unterschied zu ETF und Aktien!

Bei Aktien halten wir Anteile an Unternehmen, die durch ihr wirtschaftliches Handeln (Mehr-)Wert für Menschen generieren. Das eine ist Spekulieren, das andere Investieren.

Einer der wichtigsten feinen Unterschiede an den Kapitalmärkten!

Forex hat Transaktionskosten und damit einen negativen Erwartungswert

Ok, der Devisenhandel ist im Gegensatz zu Aktien also ein Nullsummenspiel.

Was erstmal so harmlos klingt hat weitreichende Folgen für Forextrader. Denn der Handel mit Devisen kostet schließlich Gebühren. Da die Währungsmärkte verdammt liquide sind diese zwar nicht besonders hoch aber doch existent.

Auf viel gehandelte Währungspaare sind die Transaktionskosten wie gesagt zugegebenermaßen äußerst gering aber trotzdem verschiebt sich dadurch dein Erwartungswert in den negativen Bereich. Falls du mit dem Konzept des Erwartungswerts noch etwas Probleme hast, dann lies dir bitte den Beitrag zum Erwartungswert durch. Er ist äußerst wertvoll für dein Verständnis der Kapitalmärkte und auch hier im Zusammenhang mit dem Devisenhandel. Ich garantiere dir, dass die Lektüre sich auf jeden Fall für dich lohnen wird.

Aber zurück zum Thema:

Transaktionskosten von beispielsweise 10€ auf 100.000€ Volumen (in der Sprache des Devisenhandels auch ein Lot genannt) pro Roundturn entsprechen 0,01%. Für ein viel gehandeltes Währungspaar wie EUR/USD ist diese Größenordnung durchaus realistisch. Das klingt wie gesagt nicht nach viel aber es gibt zwei mächtige Gründe warum das unterm Strich doch noch gewaltig teuer für dich wird.

Die Menge an Trades macht’s

Der Devisenhandel ist eine kurzfristige Angelegenheit. Es ist nicht so, dass man eine Position eröffnet und diese 20 Jahre lang hält. Vielmehr wird sie bereits nach kurzer Zeit wieder geschlossen. Haltedauern von wenigen Stunden bis Tage sind dabei typisch.

Um die Auswirkungen der Transaktionskosten (im Forexkontext wird meist nur von Spreads gesprochen, also von der Differenz zwischen Ankauf- und Verkaufskurs des Brokers. Weitere Transaktionskosten fallen bei Retailbrokern in der Regel nicht an) besser zu verstehen sehen wir uns ein Beispiel an:

  • Nehmen wir einen sporadischen Trader an, der pro Woche einen Trade durchführt. Also einmal Kauf und Verkauf pro Woche.
  •  

  • Wenn er mit einem fixen Startbetrag von 100.000€ beginnt und diesen jedes Mal vollständig umschlägt, dann gehen ihm durch Transaktionskosten 0,01% jedes Mal verloren. Anders formuliert erhält er also jedes Mal durchschnittlich 99,99% seines eingesetzten Geldes zurück.
  •  

  • Da Forex als Nullsummenspiel konzipiert ist, werden sich nach 52 Trades Gewinn und Verlust durchschnittlich wahrscheinlich ungefähr die Waage halten.

Nach 52 Trades ergibt sich damit folgendes Ergebnis:

100.000€ * 0,9999^52 = 99.481,32€

Von unserem Startkapital sind also 100.000€ – 99.481,32€ = 518,68€ an Kosten abgeknappst worden.

 

Auf unsere ursprünglichen 100.000€ Startkapital bezogen entspricht das 0,51868% an Kosten, die für ein Jahr Forexgetrade entstanden sind. Das klingt angesichts des gehandelten Volumens vielleicht immer noch recht harmlos aber jetzt kommt der eigentliche Trick dabei.

Der Hebeleffekt wirkt nicht nur auf Gewinn und Verlust sondern auch auf die Transaktionskosten!

Bislang haben wir angenommen, dass wir mit 100.000€ Eigenkapital handeln aber das ist gerade bei Retailtradern (fancy Ausdruck für uns kleine Otto-Normal-Trader) praktisch nie der Fall.

Da die Kursschwankungen bei Währungen meist sehr gering ausfallen, wird ein ordentlicher Fremdkapitalhebel genutzt, damit etwas mehr Bewegung in die Sache kommt.

Nehmen wir mal an, dass unser Eigenkapital 5.000€ pro 100.000€ Handelsvolumen entspricht.

Das gleicht somit einem Hebel von 1:20, was im Forexbereich schon eher konservativ ist. Zum Vergleich, manche Broker erlauben teilweise Hebel von 1:400, was eine ähnlich kluge Idee ist wie einen Tiger am Gemächt zu kraulen aber das nur mal nebenbei.

Da sich die Transaktionskosten stets auf das gehandelte Volumen beziehen und natürlich nicht auf das Eigenkapital, sind nach einem Jahr und 52 Trades ebenfalls 518,68€ Kosten entstanden. Bezogen auf deine 5.000€ am Anfang liegt die Kostenquote demnach bei 518,68€ / 5.000€ = 10,3736%!

Zwischenfazit: Forex ist eine unfassbar teure Angelegenheit für Trader und ein sehr gutes Geschäft für den Broker. Das ist auch der einfache Grund, warum es gefühlt 2000 Forexbroker da draußen gibt und es jeden Tag mehr werden.

Glaub nicht mir, glaub Untersuchungen zur Profitabilität von Forex- und Daytradern

Jetzt kann man mir natürlich sagen:

Schöne Rechnungen Alex aber kannst du deine Aussagen auch wissenschaftlich etwas weiter untermauern?

Glücklicherweise ist das hier gar nicht mal so schwer, denn es gibt einige Untersuchungen sowie Belege zu diesem Thema, manche sogar von Brokern selbst.

Ein interessantes wissenschaftliches Paper zu diesem Thema ist “Do Day Traders Rationally Learn About Their Ability?” von Barber, Lee und Odean (2010).

Ihre Ergebnisse:

  • Von allen Daytradern hören 40% nach dem ersten Monat auf, 80% nach einem Jahr, 87% nach zwei Jahren und 93% nach fünf Jahren. Und nein, sie hören nicht auf, weil sie alle reich geworden sind.
  • Lediglich 1% aller Trader machen nach Kosten wirklich verlässlich Profit.
  • Trader “lernen” nichts aus ihrem Handeln, sie bleiben mehr oder weniger gleich rational/irrational über ihre (meist kurze) Traderkarriere hinweg. Das angebliche Lernen durch Verluste wird in vielen Forex-Communities gerne propagiert, lässt sich in dieser Untersuchung aber nicht nachweisen.

Eine andere, äußerst interessante Publikation, diesmal zur Effizienz auf den Forexmärkten, stammt von Shmilovici, Kahiri, Ben-Gal und Hauser (2008) mit dem Titel: Measuring the Efficiency of the Intraday Forex Market with a Universal Data Compression Algorithm. Es wurde hierbei mittels riesiger Datenmengen die Effizienz verschiedener Währungsmärkte überprüft. Im Ergebnis konnten keine Ineffizienzen nachgewiesen werden, die nach Abzug von Transaktionskosten einen systematischen Profit erlaubt hätten. 

Auch die von Broker veröffentlichten Statistiken sind äußerst aufschlussreich:

Einer der größten Broker überhaupt, Interactive Brokers, veröffentlicht regelmäßig Zahlen zur Profitabilität seiner Forexkunden. In schöner Regelmäßigkeit überwiegt hier die Anzahl der verlustleidenden Accounts.

Andere Zockbuden wie FXCM oder Interbank veröffentlichen (gezwungenermaßen) ebenfalls Zahlen zu ihren Kunden. Lediglich 25%-30% aller Konten waren dort in den letzten Jahren profitabel. Je höher das Volumen des Accounts, desto mehr nähert sich die Gewinner/Verliererratio 50:50 an. Macht ja auch Sinn, denn der Devisenhandel ist ja, wie bereits weiter oben ausgiebig ausgetreten, ein Nullsummenspiel und ab einem größeren Volumen erreicht man wenigstens knapp einen neutralen Erwartungswert.

Des einen Freud des anderen Leid.

Wettanbieter und das Forexgeschäft

Da ich ja ein großer Fan der Ironie bin, hier mal zwei Fun-Facts:

1. Es gibt eine gigantisch große Börse für Sportwetten, ja ganz recht. Diese nennt sich Betfair und ist einer der Big Player im Wettgeschäft. Das wäre an und für sich ja noch nicht der Rede wert. Vor einigen Jahren hat dieses Unternehmen aber sein Produktportfolio in eine interessante Richtung erweitert. Du ahnst jetzt sicher was kommt: Das Unternehmen hat tatsächlich den Devisenhandel ins Visier genommen. Dazu hat Betfair hat einen Forexbroker aus der Taufe gehoben und diesen konsequenterweise Tradefair genannt.

  1. Vielleicht kennst du ja auch bereits eToro, eine relativ bekannte Forex-/Social-Tradingbude aus Israel. Wahrscheinlich nicht kennen wirst du 888.com. Das ist schlicht eine Glücksspielseite sprich ein Onlinecasino. Interessanterweise ist einer der Mitgründer von eToro ein ehemaliger Director von 888.com. Das ist natürlich nicht verboten und meiner Meinung nach auch nicht moralisch verwerflich. Es würde bei mir als Trader aber auch nicht unbedingt Vertrauen erzeugen, wenn der Typ, der mir sonst Glücksspiel anbietet nun auch den Forexhandel mit Freuden ermöglichen möchte.

Versteh mich nicht falsch, ich habe nichts per se gegen Glücksspiel, soll ja jeder sein Geld verschleudern wie er will, aber die Tatsache, dass Glücksspielkonzerne auch Forex im Angebot haben bzw. es Verbindungen zwischen beiden Bereichen gibt würde mich schon ohne Kenntnis all der anderen weiter oben ausgebreiteten Fakten aufhorchen lassen.

Das gebietet einfach der halbwegs gesunde und hoffentlich kritisch arbeitende Menschenverstand.

Vergleich von Forex mit einem Glücksspiel

Da ich heute richtig fies drauf bin, möchte ich an dieser Stelle mal den Vergleich mit Glücksspielautomaten und Devisenhandel auf die Spitze treiben.

forex-vergleich

Zusammenfassend kann man sagen, das Problem bei Forex ist, dass es im weiteren Sinne dem Kapitel Börse zugeordnet werden kann es aber NICHTS mit Aktien oder mit der Erschaffung von Mehrwert zu tun hat! Manche Menschen scheinen sich des Unterschieds leider nicht direkt bewusst zu sein.

Zweck von Aktien: Die Beschaffung von Kapital für ein Unternehmen, um damit etwas Sinnvolles zu machen und somit wirtschaftlichen Mehrwert zu schaffen.
Zweck von Forex: Geldwechsel von Währung A nach B. Wirtschaftlicher Mehrwert ist hier egal.

Fazit: Devisenhandel ist Bullshit.

Das ist die differenzierteste und wissenschaftlichste Aussage zu der ich mich bei diesem Thema überwinden kann. Wie man es auch dreht und wendet, das Ganze ist schlicht teure Zeitverschwendung. 

Das Internet ist natürlich voll mit halbwissenschaftlichen Tradingsystemen sowie ausführlichen Beiträgen dazu und es gibt ganze Foren die sich mit nichts anderem beschäftigen.

Aber bitte glaube mir: Es wird dich auf Dauer nicht glücklich machen und dich mindestens soviel Zeit wie Geld kosten, wenn du dich darauf einlässt. Erspar dir das. Nutze deine Energie und dein Geld lieber um dir langfristig ein solides ETF-Portfolio aufzubauen und nicht um, in der Hoffnung auf das schnelle Geld, mit Währungen zu spekulieren.

Der Weg zum Erfolg ist niemals so schnell wie wir es uns manchmal vielleicht wünschen würden und leicht ist er schon gar nicht. So ist nun einmal die Welt. 

Und vergiss nicht: Falls du doch mal mit dem Gedanken spielst ein wenig dein Glück mit Forex zu versuchen könnte ich am Ende doch noch durch den Bildschirm brechen.

Du bist dran: Hast du dich mit dem Thema Devisenhandel schon beschäftigt? Habe ich vielleicht ein zwei wissenswerte Punkte übersehen? Und was denkst du eigentlich zu dem ganzen Thema?

PS: Forex ist Gift für dich und deine finanzielle Unabhängigkeit, das ist meine Überzeugung und mein Wissen, basierend auf wissenschaftlichen Findings, welche ich gesammelt habe und dir hier weitergeben möchte.

Deswegen findest du in diesem Beitrag und auf ganz Homemade Finance keine Affiliatelinks zu irgendwelchen Brokern, auch wenn diese Klicks teilweise mit mehr als 600€ vergüten würden.

Ja ganz recht.

Warum glaubst du können Forexbroker Bloggern und Websitebetreibern so absurd hohe Provisionen bezahlen? Gibt zu denken oder nicht? Es ist mir wirklich sehr wichtig, dass wir beide uns hier auf Homemade Finance vertrauen können.

Deswegen ist es für mich selbstverständlich auf dieses Geld zu verzichten und für nichts zu werben von dem ich weiß, dass es dich hinsichtlich deiner Ziele nicht weiterbringen wird. Versprochen.

Mein Net Worth im April 2022:
253.000 €

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