Realistische ETF Rendite nach Steuern und Inflation

Jeder Anleger kennt das Problem: Aktien und ETF werfen keine fixe Rendite ab. Vielmehr schwankt diese von Jahr zu Jahr und das teilweise in großem Ausmaß. In einem Jahr schießen Aktien um ein Drittel nach oben und sorgen für Jubel. Im nächsten Jahr geben sie alle Gewinne und noch mehr wieder ab. Dagegen ist kein Anleger gefeit.

Du fragst dich nun vermutlich, wie du unter solchen Umständen die Rendite richtig ermittelst. Außerdem wirken diese Schwankungen für dich als Anleger gerade am Anfang deines Weges in die Finanzielle Freiheit womöglich abschreckend.

Zwei Lösungen beziehungsweise Antworten habe ich für dich vorab:

1. Die richtige Berechnung unserer Rendite: Aufgrund der Schwankungen behelfen wir uns bei der Einschätzung der Rendite am Aktienmarkt mit langjährigen Durchschnitten.

2. Keine Sorge hinsichtlich der Schwankungen auf den Aktienmärkten. Weder ist das ungewöhnlich noch etwas, das uns auf unserem Weg zur Finanziellen Freiheit aufhält. Was für uns zählt, das ist die langfristige Betrachtung. Über lange Zeiträume hinweg haben Aktien jede andere Anlageform geschlagen. Deswegen wollen auch wir in diese Anlageklasse investieren und damit möglichst früh beginnen, wie du in meinem Artikel zur Finanziellen Freiheit nachlesen kannst.

Doch nun zurück zum ersten Punkt, nämlich der Rendite. Was ist ein realistischer Wert für unsere Rendite, mit dem wir nun rechnen können? Und welche Rolle spielen Steuern und Inflation bei der ganzen Sache? Genau das möchte ich im Folgenden mit euch gemeinsam betrachten und klären.

Historische Renditen von S&P 500, DAX und MSCI World

Welche Rendite Aktien langfristig eingebracht haben, ist relativ leicht zu beantworten. Man muss lediglich darauf achten, bei der Berechnung den richtigen Durchschnitt zu verwenden. Dazu habe ich dir einmal drei Indizes herausgesucht und den Zeitraum von 1990 bis 2015, sprich 25 bzw. 26 Jahre betrachtet.

Jede der folgenden Grafiken besteht aus zwei Teilen: der Entwicklung des eigentlichen Index (die wild gezackte Linie) und dem geometrische Mittel (die glatte, sacht steiler werdende Linie). Das geometrische Mittel wird uns als Richtwert für die durchschnittliche Entwicklung dienen. Sieh dir zuerst die Grafiken an und dann erkläre ich das Ganze noch etwas genauer.

Wie bereits erwähnt, siehst du einmal den Index, wie dieser sich tatsächlich entwickelt hat, und einmal eine hypothetische Entwicklung beziehungsweise den Durchschnitt, um auf den gleichen Endwert zu kommen. Dieser Durchschnitt ist das sogenannte geometrische Mittel.

Geometrisches Mittel bedeutet einfach die durchschnittliche Rendite unter Berücksichtigung des Zinseszins.

Beispielsweise hat der DAX eine durchschnittliche Rendite von 8,03% erzielt, der S&P 500 9,36% und der MSCI World 7,13%.

Das heißt, mit diesen Renditen haben sich die Indizes im Durchschnitt Jahr für Jahr entwickelt, um auf den heutigen Stand zu kommen.

Du wunderst dich jetzt vielleicht: Das sind aber nicht die Kursstände, die ich für den Index aus der Zeitung kenne. Des Rätsels Lösung ist ganz einfach:

Bei dem jeweiligen Aktienindex handelt es sich um die Total Return-Variante. Daher sind Dividenden eingepreist. Das ist notwendig, weil der DAX ein Performanceindex ist und von Haus aus Dividenden berücksichtigt, die anderen beiden aber nicht. Warum das den DAX zu einem irreführenden Börsenbarometer macht, habe ich ja bereits in meinem Artikel zum DAX als Aktienindex erklärt.

So geht es weiter: der Mittelwert für die drei Indizes ist abgerundet 8% p.a. Also alles in allem, Kursgewinne plus Dividenden. Mit diesem Wert rechne ich im Folgenden, denn wir sind noch nicht fertig. Denn leider bleibt es nicht bei diesen knackigen 8%.

Die verdammte Steuer

Wir alle wissen, dass wir Steuern auf unser Einkommen zahlen müssen. Einkünfte aus Kapitalvermögen sind dabei keine Ausnahme. Hier greift der Staat mittels Abgeltungssteuer zu. Die Kursgewinne sind während der Laufzeit “steuerfrei”, erst wenn du deine ETF oder Aktien verkaufst, wird auf die Differenz zwischen An- und Verkauf die Abgeltungssteuer fällig.

Allerdings schütten Unternehmen in der Regel auch Dividenden aus und diese werden sofort im Jahr der Ausschüttung besteuert. Für uns heißt das, wir müssen sehen, wie viel von den 8% durchschnittlicher Rendite auf Dividenden zurückzuführen ist und wie viel auf Kursgewinne. Das ist gar nicht mal so trivial wie man vielleicht meinen möchte! Falls du eine aufbereitete Statistik kennst, dann freue ich mich über deine Nachricht.

Da ich dir jetzt hier keine genaue Zahl präsentieren kann, nehme ich 3% Dividendenrendite an. Das ist in der Regel etwas über dem Durchschnitt für den “Dividend Yield” (schicker Ausdruck für Dividendenrendite) für einen marktbreiten Index. Sprich, wir behaupten die 8% setzen sich aus 5% Kursgewinn und 3% Dividende zusammen.

Von diesen 3% brutto gehen also 25% an den Staat. Bei der Berechnung den Solidaritätszuschlag nicht vergessen! Also liegt die Gesamtbelastung der Dividende bei 26,375%. Nach Steuer bleiben von der Dividende (3% Rendite) also netto 2,2% übrig.

Zusammen mit den während der Haltezeit steuerfreien Kursgewinnen (5% siehe oben) sind wir also in Summe bei 7,2% netto p.a.

Wenn es doch nur die Steuer wäre…

Die verdammte Inflation

Leider hört es nach der Steuer noch nicht auf. Wir alle haben von dem leisen Killer namens Inflation gehört. Und damit meine ich nicht die Hyperinflation, die quasi als Amokläufer dein Vermögen auffrisst, sondern eher den leisen Meuchelmörder, der still und heimlich Rendite eliminiert. Jahr für Jahr.

Viele Leute können einem relativ schnell erklären, was Inflation bedeutet und vielleicht noch wie diese definiert ist, aber sie mit ihrem eigenen Geld in Verbindung zu bringen, fällt ihnen trotzdem schwer.

Kurz zur Erinnerung, was Inflation tatsächlich bedeutet: wenn du dir für gleich viel Geld weniger Waren kaufen kannst. Beispielsweise kann ich mir heute für €100 auch 100 Schokoriegel kaufen. Wenn das allgemeine Preisniveau steigt, dann kann es sein, dass ich mir in einem Jahr von meinen €100 nur noch 98 Schokoriegel kaufen kann. Mein €100-Schein ist immernoch der Gleiche, aber was ich mir damit kaufen kannt, real, ist weniger geworden. Grob vereinfacht ist das Inflation.

Ich sehe oft, dass Anleger bei ihrer Renditeberechnung die Inflation außen vor lassen, aber das ist eiskalter Selbstbetrug. Deine reale Rendite muss die Inflation bezahlen. Sprich, von deiner Rendite geht die Inflation ab. Um bei dem Beispiel von vorhin zu bleiben: Du isst in Summe 2 Schokoriegel weniger.

Wie hoch ist die Inflation denn nun? Ich habe mir die Zahlen für den Zeitraum wie bei den drei Indizes von weiter oben besorgt und folgendes kommt bei mir heraus:

Quelle für die Jahreswerte der Inflation ist das Statistische Bundesamt.

Die blaue Linie zeigt den tatsächlichen Verlauf der Inflationswerte über die Jahre hinweg. Zeiten mit hoher Inflation wechseln sich mit Zeiten niedriger Inflation ab. Die rote Linie zeigt wieder den Durchschnitt der Inflation gleichmäßig auf die Jahre verteilt.

Die Grafik ist leider nicht ganz so schön geworden wie die oberen drei, da ich runde und sich dies hier stark auswirkt. Das macht die Durchschnittslinie etwas “wackelig”. Nichtsdestotrotz, zeigt sie deutlich die durchschnittliche jährliche Inflation. Diese liegt für die vergangenen (knapp) 25 Jahre bei 1,97%.

Wollen wir mal nicht so sein und runden das auf 2% Inflation p.a. auf. Je nach Betrachtungszeitraum variiert dieser Wert. Für den von uns betrachteten Zeitrahmen ist das allerdings in Ordnung.

Die Fondskosten, wie beispielsweise die TER

Auch die Jungs von deiner ETF-Gesellschaft wollen bezahlt werden. Meiner Meinung nach verdienen sie sich das auch (siehe mein Artikel zu ETF Nachbauen), denn ein ETF ermöglicht dir überhaupt erst 1000 verschiedene Aktien in deinem Portfolio haben zu können, ohne dass du Dagobert Duck heißt.

ETF kann man sich dagegen mit jedem Geldbeutel kaufen.

Auch hier kommt es auf deine individuelle Situation an, beispielsweise darauf, welche Positionen du in deinem Portfolio hast. Ich nehme vereinfachend an, du hast 0,2% laufende Kosten.

Das ist meiner Meinung nach fair angesetzt, beispielsweise für einen ETF auf den STOXX Europe 600. Für Nischenfonds wirst du etwas mehr hinlegen müssen, aber wenn du mehr als 0,3% laufende Kosten hast, würde ich mir an deiner Stelle eine Umschichtung überlegen.

Was bleibt von der Rendite übrig?

Zeit für die Abrechnung: was bleibt übrig von der durchschnittlichen Rendite eines breitgestreuten Aktienfonds oder ETF?

Bruttorendite: 8%

Steuer auf Dividende (aufgerundet): -0,8%

Inflation: -2,o%

TER: -0,2%

__________________________________

Nettorendite: 5% p.a. 

Mit obigen Zahlen kommst du also auf einen realen Wertzuwachs von 5% pro Jahr. Wie du siehst, ist die Inflation die größte Bremse. Umso wichtiger ist es, dass du diese bei der Renditebetrachtung berücksichtigst. 7% statt 5% fühlt sich vielleicht besser an, ist aber Augenwischerei.

Das zeigt auch, dass Tagesgeld mit 2% gerade einmal die durchschnittliche Inflation wieder wettmacht. Alles auf ein Konto bei der Bank zu parken ist also keine wirklich tolle Idee. Auch wenn du natürlich immer auf genug Liquidität achten solltest.

Kannst du mir versprechen, dass das auch in Zukunft so sein wird, fragst du?

Kurz und knapp: Nein, das kann ich nicht. Die 5% haben für die letzten 25 Jahre gegolten und je nach Betrachtungsperiode schwankt der Wert natürlich. Deswegen solltest du diese 5% als Daumenregel sehen. Wie die Aktien in 25 Jahren stehen werden, weiß niemand. Ich nicht, Warren Buffett nicht, niemand.

Sehr wahrscheinlich stehen sie höher, aber wie hoch kann dir heute keiner sagen.

Wenn du noch mehr über die durchschnittliche Rendite erfahren möchtest, Holger Grethe von zendepot geht in diesem lesenswerten Artikel über passives Investieren auch darauf ein.

Fazit

Ich persönlich halte 5% p.a. für einen realistischen Richtwert, wenn man in einen großen, breit gefächerten Index mittels ETF investiert. Du kennst nun die Berechnungslogik und kannst es selbst ausprobieren sowie deine Rendite ermitteln.

Denke immer daran, frühzeitig und langfristig an deiner Finanziellen Freiheit zu arbeiten. Wie du an der Renditeberechnung sehen kannst, es lohnt sich allemal!

Mein Net Worth im April 2022:
253.000 €

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